Gold und Silber auf Marmor und Travertin


Patrick Hoffmanns symbiotische Kunst

Alles begann auf einem Handwerkermarkt 2017 in London. Dort sah der damals 35-jährige Patrick Hoffmann zum ersten Mal kleine, ca. 10 cm x 10 cm große Bilder, Fotos, Gemälde mit unterschiedlichen Motiven, fest verbunden auf einer Steinplatte. Sein Interesse und seine Neugier waren geweckt: Wie kann man derart professionell filigranes, dünnes Papier und harten Stein so zu einer Einheit verschmelzen, dass daraus wunderbare kleine Kunstwerke werden?

So etwas wollte der Tüftler und kreative Kopf aus Ratingen auch erstellen und suchte sich dafür den Travertin aus, einen offenporigen Naturstein, der sich gut mit speziellen Transferklebern verarbeiten lässt. Die ersten Werke, die quasi am Küchentisch entstanden, waren derart ansehnlich, dass er sein Verfahren immer mehr – auch mit anderen Steinen wie Marmor – verfeinerte, hierfür unterschiedlichste Motive, z. B. als Foto oder Gemälde, suchte und mit den kleinen Steinplatten verband.

Diese außergewöhnlichen Kunstwerke bot er auf Handwerkermärkten in NRW an und war überrascht, welchen Verkaufserfolg er damit hatte. Viele Kunden wollten sogar eigene, personalisierte Bilder auf den Jahrhunderte alten Steinplatten verewigt sehen: „Vor allem in der Weihnachtszeit boomten die Aufträge“, so Hoffmann.

Und dann kam während der Coronazeit ein nächtlicher Traum, den man als Durchbruch sehen kann. Er träumte, dass man ja Stein nicht nur als Platte nutzen, sondern damit auch dreidimensionale, harte, große Objekte bauen und mit anderen, weichen, kleinen Elementen verbundene Kunstwerke schaffen könnte, die gerade in dieser Symbiose einen besonderen Reiz erzeugen.Er suchte sich in Ratingen eine Werkstatt, in der er mit viel Kraft und Staub ans Werk ging, Steinblöcke zu bearbeiten, zu gestalten und diese mit kleinen Elementen aus einem völlig anderen Material zu koppeln, um Kunstwerke von besonderer Spannkraft zu erzeugen.

Werke, die manchmal eine eigene Geschichte erzählen, vor allem auch deshalb, weil das zweite Element mit purem Silber oder 24-karätigem Gold überzogen ist, das er in speziellen Galvanisierbetrieben verarbeiten lässt. So zum Beispiel das Objekt „Tenacity“ (Zähigkeit), bei dem ein kleiner, vergoldeter Käfer einen nur auf einer Kante stehenden, quadratischen, schweren Steinkubus zu halten scheint, ein Kunstwerk, das einen in seiner Skurrilität an Franz Kafka erinnert. Oder das Werk „Systemized“ von 2023, eine halbe Weltkugel aus Stein, die von zwei horizontalen und vertikalen Straßen vergoldeter Ameisen gekreuzt wird. Das Kunstwerk ermöglicht viele Interpretationen der Betrachter. Auch der detailliert gearbeitete Totenkopf aus Stein, auf dem sich über einem Schmetterling vergoldetes, unheimliches Getier tummelt, lässt erahnen, welche kreativen Potenziale in ihm stecken und noch zu Objekten werden wollen.

Trifft man Patrick Hoffmann, dann scheint es durchaus Parallelen zwischen ihm als Mensch und seiner Kunst zu geben, zwischen dem stabilen, großen, massiven Mann und seinem sensiblen, weichen Kern, nicht zuletzt auch sichtbar an den filigranen, farbigen Tätowierungen, die ebenso eine Geschichte zu erzählen scheinen. So hat man das Gefühl, er schaffe nicht nur Kunst, sondern sei selbst ein von ihm individuell gestaltetes Kunstwerk.

Auch sein Alltagsleben scheint diese ambivalente Spannung zu erzeugen. In seinem „Brotberuf“ als Hauptmaschinenführer bei Thyssenkrupp geht es um rationale, präzise Prozesse, die er exakt und fehlerfrei zu steuern hat. In seinem Alltagsleben geht es um die Familie mit seinem 4-jährigen Sohn Theo und seiner Frau, mit der er das Hobby teilt, schwere, klassische, hochverchromte Harley-Davidson-Motorräder zu fahren. Dann schließlich sein drittes Leben, die Kunst, bei der ihm durch die Haptik des Gesteins und das goldene Getier das Wunder der kreativen Freiheit begegnet.

Nachdem er bei den ersten Ratinger Kunsttagen des Ratinger Kunstvereins e. V. 2023 seine Objekte präsentieren konnte, wurde er Mitglied des Vereins und zeigte in mehreren Ausstellungen seine relativ hochpreisigen Objekte: „Wären die kleinen Arbeiten nicht mit echtem Gold oder Silber überzogen, würden sie für einen Käufer an Wertigkeit verlieren“, so der Künstler, der durchaus für seine außergewöhnlichen Skulpturen Interessenten findet.

Ein Höhepunkt der Präsentation seiner Arbeiten war sicher die Sammelausstellung „Stuff I Like“ („Sachen, die ich mag“) im September 2024 in dem neuen Atelier 66 in den Räumen einer ehemaligen Tanzschule innerhalb eines alten Industriegeländes in Duisburg. Bei der ersten Sammelausstellung dort war Patrick Hoffmann mit acht Exponaten vertreten, die die gesamte Bandbreite seines Schaffens eindrucksvoll zeigten. Neben den bereits erwähnten Exponaten fanden zwei Werke besondere Beachtung: So das Objekt „Freedom“, bei dem aus einer versilberten Pistole ein bunter Schwarm schöner Schmetterlinge fliegt, ein sichtbares Zeichen, aus Waffen Friedenssymbole zu generieren. Die Schmetterlinge sind tatsächlich konservierte, farbige Tiere, die er aus dem Schmetterlingshaus in Krefeld bezieht.

Ein weiteres, sehr diskutiertes Objekt heißt „Reborn“ (Wiedergeboren). Hier fliegen aus einer vergoldeten Truhe wunderschöne, bunte Schmetterlinge. Wie könnte man den Moment der Befreiung aus der engen Umschlossenheit in die Freiheit schöner gestalten?

Auf seinem Arbeitstisch liegen noch unzählige Skizzen und Entwürfe für weitere Kunstwerke, auch für Auftragsarbeiten seiner Kunden. An Ideen scheint es ihm nicht zu fehlen, und sicher wird man von ihm, der erst spät zur Kunst als Ausdrucksmittel seiner Kreativität gefunden hat, in Zukunft noch viel sehen, was aus seinen Träumen erwacht.

Dafür wünschen wir ihm viel Kraft und großen Erfolg im hart umkämpften Markt der Kunst, in dem allerdings echtes Gold und Silber eher die Ausnahme sind.

Patrick Hoffmann @patrick_hoffmann_art

© Michael Troesser / Kunstverein Ratingen e.V. 2024