Kunst gegen das Vergessen

Petra Richter-Rose erhält den 1. Preis für kreative Papierkunst

Sich verlieren…“ war das Thema der „Mettmann Open Art“ Ausstellung, die nun schon zum sechsten Mal vom Kunsthaus Mettmann durchgeführt wurde.

In diesem Jahr ging es um die künstlerische Umsetzung des Themas Demenz in Kooperation mit der Alzheimer Gesellschaft Kreis Mettmann e.V., ein Thema, das für jeden Kunstschaffenden eine Herausforderung mit hohem Anspruch ist.

Zwar kann sich jeder Künstler selbst auch im Schaffensprozess „verlieren“, doch hier geht es um ein Krankheitsbild, das in irgendeiner Form im Kunstwerk sichtbar, ersichtlich sein muss. 90 Arbeiten aus den Bereichen Malerei, Zeichnung, Fotografie und Skulptur wurden eingereicht, aus denen eine Jury dreier hochrangiger Personen 40 Werke von 24 Künstlern und Künstlerrinnen ausgesucht und juriert hat.

Während der Vernissage der Ausstellung wurden die drei ausgewählten Preise des Wettbewerbes bekanntgegeben. Der erste Preis ging an Petra Richter-Rose aus Ratingen, der eine äußerst kreative und gleichsam zum Thema passend tiefsinnige Arbeit gelungen ist mit dem Titel: Büchertage-Tagebücher. Sie hat sich in letzter Zeit besonders mit Papierkunst beschäftigt und legt hier eine Arbeit hinter Glas vor, bei der 30 kleine Hefte wie Büchlein fein sortiert nebeneinander liegen, symbolische Tagebücher für jeden Tag des Monats.

Es sind kleine Papierkunstskulpturen gegen das Vergessen. Diese passen optimal zum Thema der Ausstellung: Vieles, was im Jetzt verloren ist, kann – festgehalten auf Papier –  immer wieder gefunden werden. Besser als die erste Vorsitzende des Kunstverein, Monika Kißling, in ihrer Laudatio könnte es man kaum formulieren:

Ein Objektbild mit hohem ästhetischen Reiz und kompositorischer Klarheit. Die strenge Anordnung und Gliederung der Bildraumfläche scheinen wie der Versuch, Ordnung in eine Gedankenwelt zu bringen, deren Ordnung verloren gegangen ist. Inhalte sind an Buchtiteln ablesbar, die jedes der winzigen Büchlein kennzeichnen. “ Der Butler”, “ einer Schaumwelle“, “am 31.März” Bruchstücke von Welten, deren Details nicht mehr abrufbar sind.“

Verblasst die Erinnerung, so kann man durch jedes Heft, Momente  noch einmal aufleben lassen.

Der Begleittext zu der Arbeit lautet: „Eintauchen und abschalten, Gedanken, Gefühle…Zeilen bewegen – vergessene Vergangenheit – nachspüren – ich bin irritiert, durcheinander, abwesend, enttäuscht und verloren“.

Solche tagebuchartigen Erinnerungsmerkmale können nicht nur für den dementen Menschen vergessene Schätze des Gestern sein, sondern auch für jeden Menschen, der durch solche Büchlein die Momente des Jetzt mit seinem Erleben des Gestern koppeln kann. Neben das Glück der Gegenwart stellt sich so das Glück der Geschichte.

Eine hochwertige, auch handwerklich perfekte Arbeit als sichtbares, künstlerisch umgesetzte Zeichen zur Vergänglichkeit der Zeit.

Ein verdienter erster Preis, zu dem der Kunstverein-Ratinger-Maler.e.V. Frau Richter-Rose herzlich gratuliert. Bei derart hoher Qualität darf man gespannt sein, welche weiteren Ideen die Künstlerin noch umsetzen wird.

(Am letzten Tag der Ausstellung am 26.Juni 2022 um 16 Uhr werden drei weitere Künstler mit dem Publikumspreis ausgezeichnet, deren Werke die meisten Nennungen erhalten haben.)

links: 3. Preis Martina Chardin mit dem Werk “weg” Fotografie/Collage / Mitte1. Preis / rechts 2. Preis Renate Hunstock mit dem Werk “ verwirrte Wörter “ Buntstift/Bleistift

Text: Michael Troesser /Bilder Privat