„STUFF I LIKE“


Kunst-Party-Event in der Genussfabrik

Die Einladung zur Ausstellung „STUFF I LIKE“, also „Dinge, die ich mag“, ist vielversprechend: „Abstrakte Malerei, Skulpturen, Strukturmalerei, Mosaikkunst, Collagen, Gellipaints und Paper Art“, umrahmt von „Videoinstallationen, Livepainting, Catering, Cocktailmixer und DJ“ – also eher eine Kunstparty mit hohem Anspruch als eine „normale“ Ausstellung? Ganz klein entdeckt man dann doch noch das Wort: Vernissage. Und all das in einer Genussfabrik in Ratingen auf der Homberger Straße? Von diesen spannenden Ankündigungen haben sich viele Kunstinteressierte verführen lassen, denn über 200 Personen bei einer Vernissage in Ratingen sind nicht gerade wenig.

Betritt man die wertigen, großen Räume der Genussfabrik, die der Lebensmittel-Unternehmer Felix Kels in seinem Gebäude geschaffen hat, wird man tatsächlich empfangen von lauter Musik, einer großen Bar, Fingerfood und jeder Menge Kunst. Lässt man sich dann auf die einzelnen Künstler und Künstlerinnen und ihre Werke ein, wird man sich der versprochenen Vielfalt bewusst, die man sich natürlich erst nach und nach erschließen kann. Für viele Besucher ein langer Abend.

Initiator dieses Kunst-Party-Events ist der Ratinger Künstler Patrick Hoffmann, der mit seinen surrealen Objekten die Menschen gleichermaßen erschreckt und begeistert.

Er suchte Räume für seine Idee, mit sehr unterschiedlichen Künstlern und Kunstrichtungen in Ratingen eine moderne Ausstellung zu kuratieren und dabei einen Teil des Erlöses verkaufter Werke dem Verein Gänseblümchen e.V., der krebskranke Kinder unterstützt, zu spenden. Von der Idee war nicht nur Kels, sondern auch das Stadtmarketing Ratingen angetan, das diese Veranstaltung mit sponserte.

Hinzu kam der Essener Künstler Marco Bürklin, der sich den Slogan „Stuff I like“ („Dinge, die ich mag“) ausgedacht und unter diesem Label bereits mehrere Ausstellungen, z.B. in Duisburg und Krefeld, mit großem Erfolg ausgerichtet hat. Er und acht weitere Kunstschaffende präsentierten ihre sehr unterschiedlichen Arbeiten und luden zum Gespräch ein.

Bürklin, in der IT-Branche tätig, präsentierte hier zwei Kunstrichtungen. Zum einen schrille, an Graffiti erinnernde, teils gesprayte Gemälde, nicht nur auf Leinwand, sondern z.B. auch auf Skateboards oder anderen Trägern. „Dabei baue ich die Begriffe Love, Change, Family und Friends ein, weil die für mich enorm wichtig sind.“

Zum anderen präsentierte er eine neue Form des Druckens, nämlich Transferdrucke mit einer Gelatineplatte auf Holzplatten. Die außergewöhnliche Technik hat er schon so perfektioniert, dass er bereits zu dem Thema Kurse bei Boesner durchführt.

Neben ihm stellte Hoffmann nicht nur seine bekannten, sehr surrealen und handwerklich perfekten Projekte aus, sondern auch neue Werke: große, farbig bemalte Bögen, deren Spannung von einzelnen figuralen Elementen ergänzt wird.

Eine Kooperation mit den Künstlern Despina Tassou, Sarah Rose, Rob Richardson und Marco Bürklin.

Bei seiner kurzen Begrüßung betonte er, dass die Zusammenarbeit der Künstler bei der oft schwierigen Hängung von außergewöhnlich hohem Teamgeist geprägt war.

Dann die raumgreifenden Arbeiten von Sarah Rose, die durch ihre Mosaike in der Innenstadt von Ratingen bekannt ist. Nach ihrer Zeit als Maskenbildnerin an der Oper tauschte sie schließlich den Schminkpinsel mit dem Pinsel des Malens. In Lateinamerika sah sie, wie Straßenkinder in Gruppen auf dem Boden Mosaike kreierten, und war sowohl von dem gemeinsamen Schaffen als auch von den Ergebnissen so angetan, dass sie die Mosaikschule in Dortmund besuchte.

Seitdem lässt sie diese haptische Form der Gestaltung in Kombination mit dem Erlebnis einer gemeinsamen Arbeit in der Gruppe nicht mehr los. Ihre Arbeiten sind eine Kombination aus oft figuralen Motiven, Menschen, Gesichtern, Tieren, durchsetzt mit surrealen Elementen. Enorm, wie es ihr gelingt, aus festen kleinen Steinen so sensible, fast poetische Werke zu schaffen. Inzwischen kombiniert sie die Mosaike mit gemalten Elementen und findet, dass dadurch ihre Werke „leichter wirken“.

Eigentlich ist Susanne Bons Maschinentechnikerin, konstruiert CAD Pläne, kennt sich mit 3D Bildern aus, Begriffe wie metrisch, isometrisch oder perspektivische Fluchtpunkte gehören zu ihrem beruflichen Alltag.

Das war ihr allerdings nicht genug. Sie studierte parallel an der IBKK Bochum Malerei, Grafik, Design und Airbrush.

Schon seit einiger Zeit hat sie sich neben ihrem Beruf in Ratingen ein Atelier an der Papiermühle eingerichtet. Nachdem sie lange gegenständliche Bilder gemalt hat, ist inzwischen das völlig Abstrakte, der Versuch, das Experiment, das Unbekannte, aus dem etwas Neues entsteht, ihr Metier, ihre Leidenschaft. Sich auf diesen intimen Moment des Möglichen einzulassen ist schwer aber gleichzeitg hoch befriedigend.

Die vier farbenfrohen, strahlenden Werke der Ausstellung bestehen auch aus unterschiedlichen Materialien wie Metallpigmenten, Pastellkreide, Acryl, Bitumen oder Gesteinsmehl. Alles wird immer neu gemischt, übermalt, verändert, bis sie dann irgendwann mit dem Ergebnis zufrieden ist. Die ausgestellten Gemälde überzeugen mit hoher Strahlkraft, farblicher Intensität, bei denen sich Formen, Farben (und z.B. Wörter) zu einem faszinierendem Ganzen mischen.

Leider konnte die Künstlerin aus privaten Gründen nicht an der Ausstellung persönlich anwesend sein.

„Ich bin mit der Kunst geboren, und wenn man einmal Künstler(in) ist, hat man eigentlich lebenslänglich“, sagt die Düsseldorfer Künstlerin Tina Carstens und präsentierte ihr Werk „Transformation“, ein farbenfrohes Quartett quadratischer Arbeiten mit einer dynamischen Bildsprache. Die vier Fragmente können auch einzeln oder in unterschiedlichen Kombinationen betrachtet werden und bieten immer neue und andere Möglichkeiten, eigene Bilder darin zu sehen.

Carstens hat Design studiert und arbeitet heute als freischaffende Künstlerin in Gerresheim mit dem Schwerpunkt Malerei. Für sie ist Kunst „ein Prozess, um mich selbst zu verlieren. Man muss lebendig sein, um energiegeladen etwas Neues aufzubrechen“.

Neben ihr verwöhnten die Papierarbeiten von Petra Richter-Rose die Augen und Sinne. Ihre Leidenschaft gilt seit vielen Jahren der Papierkunst. Mit hoher Akribie kreiert sie mit Papier wunderbare Objekte, eine ruhige, aber gleichsam ausdrucksstarke Kunst.

Faszinierend ist ihr neues, hier erstmals ausgestelltes Werk, das aus unzähligen kleinen, farbigen Papierelementen besteht, die je nach Lichteinfall zu changieren scheinen und eine leichte Bewegung suggerieren. Zudem ist sie ein sehr aktives Mitglied im Kunstverein Ratingen und die Initiatorin der Ratinger Kunsttage.

Mit Svend Dunkhorst, ausgewiesenem Digitalkünstler, ist die KI endgültig auch hier in der Kunst angekommen. Neben seinen bekannten großformatigen, flächigen Arbeiten zeigte er auf zwei Bildschirmen digital erzeugte Kunstwerke.

Dabei sticht vor allem der mit künstlicher Intelligenz erzeugte Film „Jazzmate“ hervor, den man mit Kopfhörer am Bildschirm sehen konnte. Man wird förmlich hineingezogen in eine fiktionale Welt, fliegt durch Synapsen, Raum und Zeit durch Landschaften und Städte bis zum finalen Showdown in einer U-Bahn-Station. Inzwischen kann man das Werk auf YouTube ansehen.

Die Düsseldorfer Galeristin Sabine Broeckmann eröffnete bereits mit 27 Jahren ihre erste Galerie und ist heute als Kunsthändlerin etabliert. Getreu ihrem Leitsatz „Wie integriert sich die Kunst in das Leben und die Räume der Menschen?“ berät sie unter anderem ein exklusives Möbelhaus und gestaltet dessen Ausstellungsflächen mit Kunstwerken.

Erst spät hat sie selbst angefangen, als Künstlerin zu arbeiten, und eine Nische entwickelt, die auch in dieser Ausstellung sicher einen Höhepunkt darstellte. Sie entwickelt farbige, teils großformatige, thematische Collagen, in die sie Bildelemente mit Text paart. Dies eignet sich besonders für Auftragsarbeiten, denn Menschen können gemäß ihrer eigenen Vorstellungen, Themen und Leidenschaften sich solche „Lebenscollagen“ erstellen lassen, als sichtbares Zeichen eigenen Daseins. In der Ausstellung hat sie auch mit kalligrafischer Perfektion die Namen von Menschen kostenlos auf die vorbereiteten Blätter verewigt, nicht zuletzt als Erinnerung an die Ausstellung.

Dann die junge Künstlerin Yasmin Shafi. Sie hat als Ausgleich zu ihrem Bürojob auch erst 2022 angefangen zu malen und inzwischen ihren Stil gefunden. Mit ihren Arbeiten ist sie hauptsächlich auf Instagram unterwegs.

Die schrillen, mit Neonfarben durchsetzten Bilder scheinen förmlich auf der Leinwand zu explodieren, bis auch dunkle Elemente das Licht bremsen.

„Kunst gibt mir Energie, Kraft, Dinge zu verarbeiten, es gibt kein richtig und kein falsch, keine Grenzen, keine Regeln.“ Wie alle an der Ausstellung Beteiligten bezeichnete auch sie die Location als hervorragend für Ausstellungen geeignet. Zur Zusammenarbeit der Künstler und trotz der verschiedenen Kunstrichtungen sagte sie den schönen Satz: „Alles hier wirkt wie eins.“

Wenn bei so unterschiedlichen Stilrichtungen, neuen Kunstideen und verschiedensten Künstlern einer Sammelausstellung letztendlich doch „alles wie eins“ wirkt, ist sie gelungen. Wenn man daneben noch Videoinstallationen sieht und eine Leinwand zum Mitgestalten nutzen kann, geht man nach Hause mit dem Gefühl, einen Abend erlebt zu haben, der noch lange nachhallt und einem viele Anregungen und schöne Momente gegeben hat.

Entsprechend war die Ankündigung nicht übertrieben.

© Text Michael Troesser / Bilder privat