Hinter den Wänden des gepflegten Zweifamilienhauses mit großem Garten in Ratingen Ost vermutet man nicht ein solches kreatives Potential.
„Als ich vor 27 Jahren in Ratingen mit meinem ersten Sohn ankam wusste ich: Hier ist Heimat, Ratingen ist „meine Stadt“ und hier bin ich immer noch“, sagt Beate vom Bruck, die sich den Künstlernamen Mojó ausgesucht hat. “Mojo ist die Bezeichnung eines afrikanischen Glücksbringers, ein kleiner Beutel mit Kräutern, den man unter der Kleidung trägt. Außerdem sind in dem Schriftzug die Namen meiner beiden Söhne enthalten: Mo und Josch“.
Ursprünglich kommt sie aus Braunschweig, wo sie mit zwei Brüdern aufwuchs und schon früh wusste, dass sie „irgendwas mit Kunst“ machen wollte. Sie hat schon als Kind gezeichnet, gemalt, gebastelt, gebaut und gehandarbeitet. Aber wie das so war und oft heute noch ist, die Eltern rieten ihr von ihrem Traum, an die Kunstakademie zu gehen, ab und so kam sie zu ihrem „Brotberuf“ als Beamtin im gehobenen Dienst in der Bundeswehrverwaltung. „Aber auch hier habe ich immer wieder versucht, die Aufgaben und Vorschriften kreativ zu gestalten, indem ich z.B. im Sachgebiet Bekleidung die Uniformen kurzerhand in mit zum Teil selbst gebauten Schaufensterpuppen präsentierte“ sagt sie nicht ohne Stolz.
Doch parallel hierzu stand ihr Spielbein ein Leben lang nicht still und sie probierte, neben ihrem Beruf und Mutter sein, bis heute vieles Unterschiedliche aus. So machte sie schon früh ein Praktikum bei einem Goldschmied, bildete sich fort, gründete 1999 mit fünf weiteren Künstlern den Kunsthand-werkermarkt „allerHand“ in Cromford und verkaufte dort über 8 Jahre mit großem Erfolg ihren selbst gestalteten Gold- und Silberschmuck. Nach dieser goldenen Phase und einem abgebrochenen Psychologiestudium kam dann ein neuer kreativer Mittelpunkt, der bis heute anhält und sie schließlich 2020 als eines der neueren Mitglieder zum Kunstverein Ratinger Maler führte: Sie fand zurück zum Zeichnen und der Malerei. Wie bei vielen Kreativen ging der Weg auch bei ihr über die klassischen „Boesner-Kurse“ als Türöffner in eine neue Welt bis hin zur „Freien Akademie der bildenden Künste“ in Essen, wo sie heute „Freie Malerei“ studiert. „Am meisten lerne ich von meinem Professor Bernard Lokai, Meisterschüler von Gerhard Richter, der mich mit seiner konstruktiven Kritik ermutigt und inspiriert“ sagt sie und zeigt auf eines ihrer neuesten Werke, das 200×150 cm große Baumbild über dem Sofa. „Das Bild war nur auf Leinwand gemalt und eigentlich sollte es wie eine Fahne an einem Baugerüst hängen, damit das Bild lebendig bleibt.“ Dafür war dann das Wohnzimmer zu klein, doch auch ohne Baugerüst lebt das großformatige Werk. A propos Bäume: Neben Portaits sind Bäume ihre Spezial und Lieblings-objekte: „Für mich bedeuten sie Erdung, Standhaftigkeit, Ausdauer, Freiheit, Geruch und nicht zuletzt unperfekte Schönheit…“.
Unperfekte Schönheit……diese Worte führen zu einem weiteren Projekt dieser unermüdlichen, quirligen Frau und das sind ihre „WabiSabis“, wie sie ihre Werke liebevoll nennt.
„Einige der heutigen sogenannten renommierten Künstlerinnen und Künstler in Ratingen haben ihre Karriere auch vor ihrem Kunststudium in dem Club Ratinger Maler begonnen, von dem sie heute natürlich nichts mehr wissen wollen“, sagt Elfi Lütcke mit verschmitztem Lächeln, ohne Namen zu nennen.
Sie war bereits seit dem ersten Jahr (1979) Mitglied im Club Ratinger Maler, der vom damaligen Stadtjugendpfleger und Freizeitmaler Otto Bartsch gegründet wurde. Seit 1980 war sie Schriftführerin und wurde 1986 zweite Vorsitzende. Im Jahre 2000 löste sie Otto Bartsch schließlich als erste Vereinsvorsitzende ab und übt dieses Amt bis heute aus. “In einer so langen Zeit wachsen einem der Verein und die Menschen natürlich ans Herz“, sagt Lütcke in ihrer ruhigen und zurückhaltenden Art nicht ohne Stolz. Sie kann auch stolz sein, denn in all den Jahren haben sie und der Club, jetzt Verein Ratinger Maler viel bewegen können, bietet Menschen eine Plattform für deren Kunst und Kreativität bei gleichzeitig relativ lockerem Vereinsleben. Denn anders als z.B. in einem Schützenverein finden sich hier Menschen zusammen, von denen jeder für sich genommen ein individueller Künstler ist oder sein will, mal mehr, mal weniger. Entsprechend groß ist auch das Konkurrenzdenken, zu unterschiedlich die Selbsteinschätzungen und dadurch auch für manche der Vorbehalt gegen ein zu straffes Vereinskorsett.
„Wabi Sabi ist ein ästhetisches Konzept aus Japan was man mit ‚unperfekte Schönheit’ bezeichnen könnte“ sagt sie und man hat das Gefühl, dass dies eines ihrer Leitsätze sein könnte, denn vieles im Leben ist schön und unperfekt zugleich, zumal in der Kunst. Ihre WabiSabis sind kleinformatige, quadratische Bilder, Bildcollagen mit z.T. eingearbeiteten Fotos, Texturen aus unterschiedlichsten Materialien, die durchaus nicht perfekt sein wollen, eher schön. Die Materialvielfalt bietet dem kreativen Geist viele Möglichkeiten zur Gestaltung, die sie bei einer Einzelausstellung im Ballhaus Düsseldorf 2019 präsentieren konnte.
Heute verkauft sie ihre kleinformatigen Bilder auf der Internetplattform Etsy (früher Dawanda) in ihrem „MojoKunst“ Shop mit großem Erfolg für 49.- Euro inklusive Objektrahmen (http://Bit.ly/MojoKunst).
Für 10 Euro mehr gibt es „personalisierte“ Bilder, die sie als Auftragswerk kreiert. Hier sind dann unter anderem Texte, Fotos von Kunden integriert, z.B. vom Lieblingshaustier.
Mojó‘s WabiSabis sind ab 15.05.21 im Backcafe „Brothimmel und Kaffeesünde“ auf der Bechemer Str. 15 zu sehen und zu kaufen.
Mojó wäre nicht Mojó, wenn sie nicht wieder ein neues Projekt hätte, diesmal nicht aus der Kunst, sondern aus der von ihr so geliebten Natur. Denn ab Mitte Mai 2021 kommt der kleine Hundewelpenmischling Jonna ins Haus, aber das ist dann wieder eine ganz andere Geschichte…obwohl: Einen Hund zu erziehen ist auch eine Kunst.
Text: Michael Troesser / Bilder/Fotos: MoJó Bea vom Bruck