„Augen zu“

Zugegeben, ich liebe Hören. Lauschen. Zuhören. Radio, Hörspiele, Waldrascheln, Stille oder vor allem auch jene Musik, die einem die Seele zum Vibrieren bringt.

Und der größte Genuss entsteht immer dann, wenn man dabei die Augen schließt, ganz bei sich ist, mit einer Akustik, die den Träumen, dem Verstehen, den Bildern im Kopf, den Gedankenreisen die größt mögliche Möglichkeit des bei sich seins gibt.2)

Und genau darum geht es in dem Kunstpodcast „Augen zu“ von Zeit und Zeitonline: Jeder, der zuhört, soll am Ende „Auch mit geschlossenen Augen – den Kopf voller Bilder haben“. Und dies gelingt Florian Illies, Kunsthistoriker und Herausgeber der ZEIT, und Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der ZEIT, tatsächlich immer wieder wenn sie ihre Zuhörerinnen und Zuhörer alle 14 Tage die wunderbare Welt der Kunst und Künstler einführen. Genial bei diesen meist 45 minütigen Gesprächen ist die Idee, Telefonjoker in das Gespräch mit einzubeziehen, um jeweils „neue Einblicke“ zu ermöglichen.

Bei dem neuesten Kunstpodcast im August geht es um die Epoche der Romantik und seinem größten Vertreter, Caspar David Friedrich. In ihrem Gespräch schlagen die beiden Kunstexperten einen großen Bogen: Das Zeitalter der Romantik war eine Antwort auf eine neue Rationalität und beginnende Technisierung, bei der Naturverbundenheit arg verlorengegangen war. Friedrich ging in den Wald und malte jedes einzelne Blatt eines Baumes, gab der Natur bildhaft ihre zentrale Bedeutung zurück. Hier sehen die Experten auch eine Parallele zur heutigen, unsicheren Welt der Digitalisierung und Entfremdung, bei der auch die Natur endlich wieder – wenn auch spät – nicht nur wahrgenommen, sondern als zentrale Lebensgrundlage ernst genommen wird. Die Sehnsucht nach einer „heilen Welt“(Romantik) oder die Sehnsucht nach Vintage gerade der jüngeren Generation sind eine Antwort auf ein Zeitalter, in der Zukunft immer fragiler geworden ist.

Themen dieser Zwiegespräche sind u.a. „Caravaggio oder: Darf ein Mörder Madonnen malen?“,“Die goldenen Zwanzigerjahre der Tamara de Lempicka“, „War Josef Beuys ein Scharlachtan?“, „Wer war Lotte Laserstein“, „Ist Boticelli wirklich der Größte?“ oder „Konnte Andy Warhol eigentlich malen“.

Jedes Thema, jedes Gespräch ein wahrer (Kunst) Genuss für alle, die sich verzaubern lassen wollen von den zwei Männern, die in wunderbarer Weise hier inhaltliche Tiefe, Kunstwissen, persönliche Erfahrung und liebevolle Empathie koppeln können.

Den Podcast finden Sie unter: www.zeit.de/serie/augen-zu. Sie finden ihn auch unter open.spotify oder podcast.google.com. Darüber hinaus kann man Kunstpodcast kostenlos abonnieren.

Viel Spaß beim Hören und den Bildern im Kopf. Es lohnt sich, wirklich!

1)Bildzitat C Vera Tammen / Quelle: www.Zeit.de/politik/2021-08/Romantik: Caspar David Friedrich – eher so der romantische Typ | ZEIT ONLINE

2)Siehe auch Blogbeitrag: https://www.troesser-art.de/?p=1936 (Gehörlos, Musik ausschalten)